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2012: Ein im Labor gezüchteter Pilz verteidigt sich gegen einen Pilzeindringling aus der Luft. Um sich und seine Nahrungs­quelle (AgarAgar in der Petri­schale) zu schützen, produziert er chemische Ab­wehr­stoffe, die sogenannten Sekundär­meta­boliten.

1928: Am Rand einer Petrischale mit gezüchteten Staphylokokken (Bakterien) entwickelt sich um eine zufällig entstandene Pilzkolonie ein sichtbarer Rand, frei von den Krankheitserregern.

Zwei fast gleiche Szenarien zwischen denen 84 Jahre liegen und die zeigen, dass sich Pilze und Bakterien mit chemischen Abwehrstoffen gegen Mikroorganismen wehren, und dass noch immer Zufall und die genaue Beobachtung zum richtigen Zeitpunkt zu neuen und notwendigen Medikamenten führen können – wie hier zu Antibiotika.

Alexander Fleming identifizierte 1928 den Pilz als eine Penicillium-Art und taufte den geheimnisvollen Hemmstoff Penicillin. Wie viele andere Pilze ist Penicillinum ein Saprobiont, der in toter, organischer Substanz lebt und diese zersetzt – er kommt also fast überall vor.

Bakterien und Pilze sind Antibiotikabildner, die „schädliche“ Bakterien bekämpfen. Stellen sich diese Bakterien schnell auf neue Umweltbedingungen ein, wie z.B. die sogenannten Superbags, haben die „Kampfstoffe“ der Pilze und Bakterien keine Wirkung mehr, d.h. die „schädlichen“ Bakterien werden gegen sie resistent und überleben.

Um diese mutierten, neuen Bakterien bekämpfen zu können, ist es entscheidend, dass neue Antibiotikabildner – und damit auch neue Antibiotika – aus dem Reich der Pilze und Bakterien gefunden werden.

Pilze wurden schon sehr früh als Medizin genutzt. Der Birkenporling in Ötzis Tasche diente ihm wahrscheinlich als Antibiotikum. Die Entdeckung des Penicillinpilzes 1928 war ausschlaggebend für die Behandlung von bakteriellen Infektionen. Weniger bekannt ist, dass das erste Arzneimittel zur Reduzierung von Cholesterin (Lovastatin) 1987 aus einem Schimmelpilz (Aspergillus terrens) gewonnen wurde. Bekannter ist ein Hefepilz mit dem medizinischen Namen Saccheromyces boulardii, in der Apotheke als Perenterol® erhältlich. Henri Boulard hatte den Medizinpilz 1920 in Indochina entdeckt, als er beobachte wie Einheimische Schalen von exotischen Früchten bei Durchfall nutzten.

Der Hefepilz gilt als Probiotikum und wird gerne begleitend bei der Therapie mit Antibiotika eingesetzt, ohne selbst zerstört zu werden, wie andere Probiotika. Ebenfalls positiven Einfluss auf Schleimhäute hat die Isländische Flechte. Flechten sind biologisch gesehen eine Symbiose aus Pilz und Alge. Nur die Gemeinschaft aus beiden Lebensarten macht es Flechten möglich sich an extreme Lebensbedingungen wie die Tundra oder Wüste anzupassen. Islandflechte gilt durch seine bitteren Inhaltsstoffe als Stärkungsmittel.

Zum Thema Therapie mit Großpilzen tagte 1974 in Tokio der 1. internationale Kongress. Im Mittelpunkt stand Shiitake und sein Inhaltsstoff Lentinan. Das hohe Antikrebspotential dieses und anderer Vitalpilze weckte das Interesse europäischer Ärzte und Forscher.